Auf dieser Seite
beschreibe ich die
Grundgedanken und die Entstehungsgeschichte des auf dieser Homepage
vorgestellten Selbstbaukonzeptes für kleine Windenergieanlagen, das die
Grundlage für unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist.
Hier stehen Hintergrundinformationen für
diejenigen, die es etwas genauer wissen möchten.
Die Hilfe zur Selbsthilfe
Die für den Selbstbau von uns
angepeilten Fähig- und Fertigkeiten entsprechen einer "mittleren
Technologie".
Vom technisch
Möglichen übernahmen wir für unser Selbstbaukonzept das
technisch Sinnvolle:
Die Grundlagen der Metall- und
Maschinentechnik, der Statik, der Dynamik, der Strömungslehre, der Steuerungs- und Regelungstechnik,
die der Werkstoffkunde, des Korrosionsschutzes,
die der Elektrotechnik und der Elektronik
werden berücksichtigt und
ermöglichen den Selbstbau unseres
leistungsfähigen Windkonverters vom Typ KUKATE (so genannt nach dem Ort des
ersten Aufbaus).
Es gehört bei unserem Selbstbaukonzept dazu, auf gutes Werkzeug und sogenannte "Halbzeuge" zurückgreifen zu können. Das sind z.B. genormte Rohre, Profile, Bleche und Schweißelektroden - sowie auf übliche Verbindungselemente (z.B. Poppniete, Schrauben usw.).
Auf den Einsatz alter und gebrauchter Teile verzichten wir, da sie nicht für alle verfügbar und möglicherweise ungeeignet sind. Wer solche Teile nutzen möchte, kann sie möglicherweise sinnvoll einbeziehen.
Wir nutzen Grund- und Spezialwissen aus der Strömungslehre, der Aerodynamik und moderner Regelungstechnik, um Rotorblätter und Steuerungselemente vertretbar, das heißt ohne große Wirkungsgradverluste, vereinfachen, konstruieren und fertigen zu können.
Alle wichtigen Berechnungen haben wir in
unserer Arbeitsgruppe mit Hilfe
von Computern ausgeführt. Um die Flügel auszulegen, testeten wir verschiedene
Profile im Windkanal der Hochschule Bremen.
Wir entwickelten speziell für die Rotorkonstruktion und
das Leistungsverhalten von Rotoren ein
besonderes Computerprogramm, mit dessen Hilfe wir optimal den gesamten Rotor
gestalten können.
Dazu haben wir viele erreichbare Erfahrungen
vom Windradbau aus der Vergangenheit und Gegenwart durchgearbeitet und genutzt.
Die Essenz von über zwanzig Diplomingenieur-Arbeiten steckt in den kleinen
KUKATE-Anlagen und neben den theoretischen Arbeiten und praktischen
Besichtigungsreisen ungefähr 5.000 Bau- und weit über 100.000 Erprobungsstunden.
Noch heute werden die Anlagen weiter entwickelt und optimiert, wenn die Anwender
in aller Welt uns Verbesserungsvorschläge und Hinweise geben.
Wir experimentierten im Windkanal und mit Hilfe von Computersimulationen.
Große Originalbauteile montierten wir auf
messtechnisch ausgerüsteten Lastwagenladeflächen und zogen sie durch die Luft , um
die theoretischen Ideen praktisch zu überprüfen.
Das ehemals von uns in Bremen betriebene und nun nicht mehr finanzierte ingenieurwissenschaftliche Testfeld mit bis zu 5 KUKATER Anlagentypen gleichzeitig gewährleistete uns jahrelang Möglichkeiten für ihre Optimierung, die ein Einzelner nie und nimmer allein bewerkstelligen könnte.
Montage der kleinen KUKATE3
Der Selbstbau
Die meisten Windradbauer haben anfangs nur sehr verschwommene Vorstellungen davon, was ihre Anlage leisten soll und kann. Somit wird deutlich, dass das Motiv vieler Selbstbauer oft nur in der Freude zu suchen ist, etwas zu konstruieren und zu bauen. Natürlich spielen auch Umweltbewusstsein und Energiekosten immer eine gewisse Rolle.
Es gibt nicht Gutes - außer man tut es (Erich Kästner)
Schauen wir uns die Hauptmotive des Selbstbaus einmal näher an:
Freude am Bau - oft als Ausgleich zur Berufsroutine: „Ich möchte sehen, ob und wie ich Kopf und Hände zusammenkriege, im Beruf ist das alles so weit auseinander...“
Kosteneinsparungen: „Mein Freund hat als Hobby sein Motorboot, ich stecke mein Geld lieber in ein Windrad. Da kann ich zuhause bleiben und was er (gemeint ist der Freund) an Diesel vergurkt, spare ich mit meiner Anlage ein. Die bringt sogar noch was.“
Persönlichkeitsentwicklung: „Ich gehe für einige Jahre in ein Entwicklungsland und möchte dort den Menschen die Hilfe zur Selbsthilfe vermitteln. Sie sollen wenigstens vernünftige Möglichkeiten der Energieerzeugung kennenlernen, um nicht die gleichen Fehler machen zu wollen, unter denen wir hier zu leiden haben.“
Autonomiegesichtspunkte: „Ich habe mir in Irland ( oder .... ) einen Altersruhesitz gekauft und möchte meine Energie selbst erzeugen.“
Umweltbewusstsein: "Ich tu was, ich will von meinen Kindern nicht eines Tages als einer dastehen, der nichts gegen Rohstoffvergeudung und Umweltverschmutzung getan hat. Ich nehme den Klimaschutz ernst"
Selbstbauer sind meistens
Individualisten. Keine Konstruktion gleicht der anderen. So fanden wir
z.B. eine Anlage, die aus einem alten Hochspannungsmast, einigen LKW-Teilen,
einer ausgedienten Bäckereiknetmaschine und einem Molkereinotstromaggregat
zusammengebaut wurde und immerhin 20.000kWh jährlich leistet.
Aber so gut klappt das nicht immer. Von sachkundigen Ingenieuren allein gelassen, gibt es wenig brauchbare Literatur mit Beispielen, Tipps, Konstruktionsrichtlinien und Erfahrungen, auf die ein Selbstbauer zurückgreifen kann.
Somit hoffen wir, mit dieser Homepage wenigstens denjenigen Mut zu machen, die bislang noch nicht den Bau eines Windrades anfangen mochten, weil ihnen einige Entscheidungsunterlagen fehlten und sie sich zu unsicher fühlten. Die meisten Selbstbauer bleiben ohnehin nicht bei einer Anlage. Zu vergrößern und zu verbessern gibt es immer etwas, wenn erst einmal die erste Anlage steht.
Bei ausreichender Pflege laufen hierzulande immerhin noch Windpumpen aus Stahl, die in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgestellt wurden, also über 80 Jahre alt wurden. „Ihre Bauweise ist dermaßen stabil, die Abnutzung gering, so dass diese Anlagen mit geringstem Reparaturaufwand und auch minimaler Wartung so lange laufen, bis sie buchstäblich vom Rost (!) zerfressen zusammenfallen.“ So nachzulesen im „Forschungsbericht Windenergie“(1980).
Die von uns entwickelte Bauweise ist modular. Es muss ein gewisses Spiel bleiben für improvisierte Änderungen. Eine Einheit aus Rotorwelle, Getriebe und Generator hat Vorzüge. Aber wenn ein Zahnrad im Getriebe schlapp macht, sind auch die anderen, systemverbundenen Teile praktisch wertlos. Beim modularen Konzept (Konstruktionskomponenten voneinander getrennt) bleibt im Notfall mehr Raum für improvisierte Reparaturen.
Der Eigenbau in Entwicklungsländern
Während der Windradselbstbau in Europa meistens nur einen sehr begrenzten Stellenwert einnehmen kann, ist er für Entwicklungsländer grundsätzlich anders einzuordnen. Trotz oft sehr günstiger Standorte in diesen Ländern werden die in den Industriestaaten zu Tausenden kommerziell gefertigten Anlagen (auf dem für uns gewohnten technologischen Niveau) aus verschiedenen Gründen dort nicht eingesetzt. Vielen dieser Gründe begegnen wir mit unserem Konzept erfolgreich. Dabei spielen die folgenden meistens eine Rolle:
Die Anlagen sind nicht bezahlbar.
Die Anlagen sind mechanisch zu kompliziert. Sie haben hochwertige und empfindliche Teile im Steuer- und Regelungsbereich (z.B. Hydraulikanlagen, elektrisch angesteuerte Stellmotoren, u.ä.).
Die Anlagen sind so groß, dass sie von der Infrastruktur her gute Transportwege, Lastwagen und Aufstellkräne erfordern.
Die Anlagen müssen aufwendig und fachkundig gewartet werden. Das setzt eine spezielle Ausbildung voraus.
Die Anlagenersatzteile müssen hoch verzollt, weit transportiert und möglicherweise mit Kranunterstützung ausgetauscht werden.
Eine Reparatur vor Ort mit einfacher Technologie ist in vielen Fällen unmöglich.
Die Anlagenbetreiber bleiben vom Lieferanten abhängig. Bei einer kalkulierten Gebrauchsdauer von 20 Jahren ist das ein kaum zu überschauender Zeitraum.
Somit bekommt der Eigenbau von Windrädern in Entwicklungsländern einen grundsätzlich anderen Stellenwert. Was selbst gebaut wurde, ist stets leichter durchschaubar und beherrschbar.
Bei der Entwicklung des KUKATE-Anlagenkonzeptes haben wir daher versucht, die Teile, die nicht selbst gefertigt werden können, sondern teuer gekauft werden müssen, so allgemein wie möglich zu halten. Diese Kaufteile haben innerhalb der Stahlkonstruktion des Gondelrahmens keine tragende Funktion.
Da kein Teil mehr als
50kg Masse hat, ist die Anlage prinzipiell überall dort aufbaubar, wohin man
50kg transportieren kann.
Auch die Masten können vor Ort aus Einzelteilen
zusammengeschraubt und dann ohne Kran aufgerichtet werden. Fundamente werden
den jeweiligen Bodenverhältnissen angepasst und können deshalb recht unterschiedlich
sein.